Transmortale Vollmacht; Bestellung einer Grundschuld; Voreintragung der Erben

Amtliche Leitsätze:

  1. Verkaufen die Erben ein Grundstück mittels transmortaler Vollmacht, so ist bei der späteren Bestellung einer Grundschuld aufgrund der im Kaufvertrag vorgesehenen Belastungsvollmacht keine Voreintragung der Erben erforderlich. (Rn. 17 – 20)
  2. Eine widerrufliche General- und Vorsorgevollmacht ist auch dann nicht gem. § 311b Abs. 1 BGB beurkundungsbedürftig, wenn sie u. a. zur Veräußerung von Grundbesitz ermächtigt. (Rn. 11 – 13)

OLG Celle (18. Zivilsenat), Beschluss vom 15.08.2019 - 18 W 33/19

BGB §§ 167 Abs. 2, 311b Abs. 1
GBO §§ 20, 29 Abs. 1, 35, 39, 40

I. Einführung

Der Beteiligte verlangt die Eintragung einer Auflassungsvormerkung nebst Rangvorbehalt sowie einer Grundschuld unter Verweis auf eine transmortale Vorsorgevollmacht.

Der im Jahr 2018 verstorbene Vater des Beteiligten erteilte diesem vor seinem Tod mit notariell beglaubigter Unterschrift eine transmortale Vorsorgevollmacht zur Vertretung in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Sie sollte in ihrem Umfang unbeschränkt gelten, als Betreuungsvollmacht zur Vermeidung der Anordnung einer Betreuung dienen und daher bei Eintritt einer Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers nicht erlöschen. Zudem sollte sie ausdrücklich als Generalvollmacht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gelten. Der Vollmachtsumfang umfasst in Vermögensangelegenheiten ausdrücklich den Erwerb und die Veräußerung von Grundbesitz. Gemäß § 4 des Vertrags ist die Vollmacht jederzeit widerruflich und der Bevollmächtigte von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Die Erben nach dem Erblasser sind der Beteiligte und seine drei Geschwister.

Nach dem Tod des Erblassers veräußerte der Beteiligte den gegenständlichen Grundbesitz an sich, handelnd als Erwerber und unter Bezugnahme auf die vorstehende Vollmacht als Veräußerer für die Erben des Vollmachtgebers. Zugleich trafen die vor dem Notar erschienenen Erben in dem Vertrag eine Auseinandersetzungsvereinbarung über den Nachlass. Als Eigentümer für den vorstehenden Grundbesitz eingetragen ist der Erblasser.

Mit Zwischenverfügung beanstandete die Rechtspflegerin die beantragte Grundbucheintragung. Die Vollmacht für den Beteiligten bedürfe der Form der notariellen Beurkundung, da die Vollmacht aufgrund ihrer Weite und ohne jeden Bezug auf ein Grundgeschäft eine Vorwegnahme der tatsächlichen Bindung, vorliegend der Grundstücksveräußerung, darstelle. Es bedürfe daher der Genehmigung der Erben und eines Nachweises der Erbfolge in der Form des § 29 GBO.

Dagegen wendet sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde. Die umfassende Vollmacht sei widerruflich gewesen und enthalte keine Absicht der Veräußerung des gegenständlichen Grundbesitzes. Vielmehr sei die weite Fassung gerade Intention der Vorsorgevollmacht. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Problem

Das OLG Celle erachtete die Beschwerde als zulässig und begründet.

Bei der Vollmacht, deren Wirksamkeit und Umfang vom Grundbuchamt zu prüfen sei, handele es sich um eine transmortale Vollmacht, auf deren Grundlage der Beteiligte mit Geltung über den Tod hinaus Verfügungen über das Vermögen des Erblassers treffen konnte. Der notarielle Vertrag habe innerhalb der ihm eingeräumten Vertretungsmacht mit der Befugnis, über das zum Nachlass gehörende Vermögen in Vertretung der Erben zu verfügen, gelegen, ohne dass er die Erben, für die er handelt, namhaft machen müsste (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 27.6.2017 - 20 W 179/17, ZEV 2017, 719).

Im Grundbuchverfahren müsse in dieser Konstellation grds. kein Erbnachweis in der Form des § 35 GBO geführt werden, weil der bzw. die Erben durch eine trans- oder postmortale Vollmacht des Erblassers gebunden seien, solange die Vollmacht nicht widerrufen wird (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 19 Rn. 81.1, m.w.N.).

Der Beteiligte habe seine Erklärung in Vollmacht für die Erben des im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Erblassers abgegeben. Eine Vollmacht könne nach anerkannter Auffassung auch in der Weise erteilt werden, dass sie vom Bevollmächtigten nach dem Tode des Vollmachtgebers ausgeübt werden kann. Diese Befugnis sei hier durch die Vollmacht ausdrücklich erteilt worden. Mache der Bevollmächtigte von der Vollmacht nach dem Tode des Vollmachtgebers Gebrauch, so würden die Wirkungen seiner rechtsgeschäftlichen Erklärung in der Person des bzw. der Erben eintreten. Es handele sich nicht etwa um eine rechtsgeschäftliche Vertretung des Verstorbenen. Gleichwohl sei für den Vollzug der Eintragung im Grundbuch im Allgemeinen ein Erbnachweis in der Form des § 35 GBO nicht zu führen, da der bzw. die Erben durch die postmortale Vollmacht des Erblassers gebunden seien, solange diese Vollmacht nicht widerrufen wird (so ebenfalls OLG Hamm, Beschluss vom 10. 1.2013-15 W 79/12, ZEV2013, 341).

Die vom Grundbuchamt geäußerten Bedenken, dass die notariell beglaubigte Vollmacht der Form des § 311 b BGB, mithin der notariellen Beurkundung, bedurft hätte, seien unbegründet. Die Vollmacht zum Abschluss eines formpflichtigen Rechtsgeschäftes sei nach § 167 Abs. 2 BGB grundsätzlich formfrei. In der Praxis werden aber Vollmacht und Genehmigung - wie hier - zur Wahrung von § 29 Abs. 1 GBO zumindest beglaubigt, um den weiteren Vollzug des Vertrags zu ermöglichen.

Sei die Vollmacht allerdings bereits Bestandteil eines formbedürftigen Grundstücksverkehrsgeschäftes, sei sie auch beurkundungspflichtig. Die Notwendigkeit, auch die Vollmacht notariell zu beurkunden werde für die Fälle diskutiert, in denen sich aus der Vollmacht selbst schon eine Bindung wie aus dem Vertretergeschäft ergibt, insbesondere bei der unwiderruflich erteilten Vollmacht, bei der Vereinbarung von Vertragsstrafen für den Widerruf oder wenn die Umstände einen Widerruf faktisch unmöglich machen. Dies folge nicht allein aus einer Befreiung des Bevollmächtigten von der Beschränkung des § 181 BGB, weil damit lediglich seine Vertretungsmacht erweitert werde, ohne dass der Vollmachtgeber stärker an die Vollmacht gebunden ist. Ferner würden Zweckmäßigkeitserwägungen allein, etwa um einem schon kranken Erblasser weitere Mühen zu ersparen, keinen zwingenden Schluss auf eine gewollte Bindungswirkung der Vollmacht rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1979-VZR 171/77-, Rn. 11 -13, juris).

Eine enge Bindung trotz Widerruflichkeit der Vollmacht sei bei der vorliegenden Vorsorgevollmacht nicht gegeben. Sie sei ausdrücklich als widerruflich erteilt worden. Auch lasse sie in ihrer Allgemeinheit gerade keine konkrete Bindung an ein bestimmtes, insbesondere das vorliegende Grundstückgeschäft erkennen. Die faktische Bindung könne auch nicht aus dem Umstand geschlossen werden, dass die Vorsorgevollmacht im Falle der Geschäftsunfähigkeit und auch transmortal, d.h. über den Tod hinaus gelten soll. Die Vorsorgevollmacht sollte in ihrem Umfang unbeschränkt gelten und insbesondere als Betreuungsvollmacht zur Vermeidung der Anordnung einer Betreuung dienen und daher bei Eintritt einer Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers nicht erlöschen. Dies, und nicht ein Grundstücksgeschäft, sei bei der Vollmachtserteilung zwischen den Parteien ersichtlich tragend gewesen. Eine ausnahmsweise erforderliche Formbedürftigkeit der Vollmacht durch notarielle Beurkundung habe demnach in der Gesamtschau der Umstände nicht bestanden. Die grundbuchrechtliche Form des § 29 GBO sei indes durch die notarielle Beglaubigung erfüllt.

Die Vollmacht sei auch nicht deshalb durch Konfusion erloschen, weil hier Bevollmächtigter und Miterbe in einer Person zusammenfallen und eine Vertretung durch dieselbe Person nicht in Betracht kommt. Die beantragte Eintragung der Grundschuld gemäß § 40 GBO habe auch keiner Zwischeneintragung der Erben bedurft.

Soweit vertreten werde, dass die transmortale Vollmacht erlösche, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers ist, mangelt es vorliegend bereits an einer Stellung des Beteiligten als Alleinerbe.

Bei Miterbschaft seien Nachlass und das übrige Vermögen eines der Miterben jedenfalls nicht zu einer Einheit verschmolzen. Wenn der Bevollmächtigte Miterbe sei, handelt er damit nicht allein für sich selbst, sondern für die Miterben in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Die betroffenen Rechte des verstorbenen Vollmachtgebers sollen von allen Mitgliedern der Gesamthandsgemeinschaft rechtsgeschäftlich auf eines ihrer Mitglieder übertragen werden. Jedenfalls dann würden die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs und der Wille des Erblassers einen Fortbestand der Vollmacht rechtfertigen. Anders als bei einer Verfügung durch einen Alleinerben bestehe bei Erklärungen eines Vertreters für die Erbengemeinschaft schließlich nicht die Gefahr, dass dieser die transmortale Vollmacht nur scheinbar nutzt, um die mit der Erteilung eines Erbscheins verbundenen Kosten zu vermeiden. Bei einer Verfügung durch den Bevollmächtigten einer Erbengemeinschaft bestehe diese Gefahr von vornherein nicht, da selbst die Übertragung auf alle Miterben in Bruchteilseigentum durch rechtsgeschäftliche Übereignung erfolgen müsse und keine verkappte Grundbuchberichtigung stattfinden würde (OLG Schleswig, Beschluss vom 15.07.2014 - 2 W 48/14, ZEV 2015, 225).

Vorsorglich wies der Senat noch darauf hin, dass es keiner Voreintragung der Erben des noch als Eigentümer eingetragenen Erblassers gemäß § 39 GBO bedarf. Dies gelte auch im Hinblick auf die einzutragende Grundschuld.

Nach der Ausnahmeregelung des § 40 Abs. 1 GBO sei der Erbe unter bestimmten Voraussetzungen vom Zwang der Voreintragung befreit, um ihm die Kosten einer Eintragung zu ersparen, die bei der Übertragung oder Aufhebung des Rechts sogleich wieder zu löschen wäre. Nach ganz allgemeiner Auffassung sei der Übertragung eines Rechts hierbei dessen Sicherung durch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung gleichzustellen, so dass deren Eintragung nicht der Voreintragung des Erben bedarf (Demharter, 31. Aufl. § 40 Rn. 17).

Die Frage, ob bei einzutragenden Finanzierungsgrundpfandrechten die Voreintragung des Erben erforderlich ist, sei hingegen umstritten.

Der Senat schloss sich hier der überwiegenden Ansicht der Rechtsprechung an (OLG Köln Beschluss vom 16.03.2018 - 2 Wx 123/18, FGPrax 2018,106; OLG Stuttgart Beschluss vom 17.10.2018 - 8 W 311/18, DNotZ 2019, 411). Er sah jedenfalls bei der vorliegenden Fallgestaltung keine Hinderungsgründe, § 40 Abs. 1 Alt. 2 Fall 2 GBO entsprechend anzuwenden. Auch wenn die Eintragungsbewilligung nicht vom Erblasser herrühre, so sei sie doch durch die Erklärung des transmortal bevollmächtigten Beteiligten für die Erben bindend geworden. Das Handeln des transmortal Bevollmächtigten sei rechtskonstruktiv vergleichbar mit dem Handeln eines Nachlasspflegers, für welches die Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz nach § 40 Abs. 1 Alt. 2 Fall 2 GBO ausdrücklich gelte. Hinzu komme, dass auch bei der vorliegenden Fallgestaltung der Gesetzeszweck der Ausnahmevorschrift des § 40 GBO zutreffe. Dieser ziele auf die Vermeidung der Eintragung des Erben, wenn dieser durch Übertragung des ererbten Rechts ohnehin alsbald wieder aus dem Grundbuch ausscheidet, um den Beteiligten die Kosten einer unnötigen Eintragung zu ersparen (BGH v. 30.9.2010 - V ZB 219/09, ZEV 2011, 38; Senat v. 6.2.2014 - 20 W 23/14). Schließlich erscheine von diesem Gesetzeszweck her eine Differenzierung zwischen der Eintragung der Auflassungsvormerkung, bei der wie erläutert nach allgemeiner Meinung keine Voreintragung der Erben erforderlich sein soll, und der Eintragung von Finanzierungsbelastungen (wie der hier beantragten Eintragung einer Grundschuld), bei der die Voreintragung der Erben für zwingend erachtet wird, nicht gerechtfertigt. Denn auch in der Konstellation, in der neben der Auflassungsvormerkung eine Finanzierungsgrundschuld eingetragen wird, stehe von vornherein fest, dass eine Eintragung im Grundbuch auf den Käufer innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit nachfolgen wird. Die Finanzierungsgrundschuld sei ohne weiteres identifizierbar, weil sie entweder bei Abschluss des Erwerbsvorgangs von dem Erben bzw. dem vom Erblasser Bevollmächtigten und dem Käufer gemeinsam oder binnen kurzer Zeit nach Abschluss des Kaufvertrags vom Käufer aufgrund einer im Kaufvertrag erteilten Finanzierungsvollmacht bestellt werde (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 27.6.2017 - 20 W 179/17, ZEV 2017, 719, unter Verweis auf dortige Entscheidung v. 6.2.2014-20 W 23/14; Milzer DNotZ 2009, 325; Böttcher § 40 Rn. 28).

III. Fazit

Die transmortale Vollmacht ist ein wichtiges Instrument der Gestaltung des Erbfalls. Bei ihrer Erteilung ist jedoch hinsichtlich Zuschnitts und Voraussetzungen besondere Vorsicht walten zu lassen.

Das OLG Celle stellt vorliegend klar, dass es bei der Veräußerung eines im Nachlass befindlichen Grundstücks, welche auf Grundlage einer dem Miterben erteilten transmortalen Vollmacht des Erblassers erfolgt, für die Bestellung der Grundschuld aufgrund der im Kaufvertrag vorgesehenen Belastungsvollmacht, keiner Voreintragung der Erben bedarf.

Daneben stellt das Gericht, entgegen einer hinsichtlich der Argumentation zu § 181 BGB teilweise vertretenen Ansicht dar, dass  eine widerrufliche General- und Vorsorgevollmacht auch dann nicht gem. § 311b Abs. 1 BGB beurkundungsbedürftig ist, wenn sie zur Veräußerung von Grundbesitz ermächtigt.


Rezension des Beschlusses des OLG Celle v. 15.08.2019 - 18 W 33/19 „Transmortale Vollmacht / Bestellung einer Grundschuld / Voreintragung der Erben", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.01 Januar 2020, S.61 ff


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