Testament; Errichtung; schreibungewohnte Hand

Leitsatz:

Zur Wirksamkeit eines mit der linken Hand geschriebenen Testaments.

OLG Köln, Beschluss vom 03.08.2017 - 2 Wx 149/17, 2 Wx 169/17

FamFG § 70 Abs. 2, § 84

I. Einführung

Der Erblasser ist im August 2015 verstorben. Er war ledig und hatte keine Kinder. Seine Eltern sind vorverstorben. Die Beteiligten zu 3) und 4) sind die Schwestern des Erblassers, die Beteiligten zu 1) und 2) ehemalige Nachbarn, die mit dem Erblasser befreundet waren.

Im Mai 2015 wurde festgestellt, dass der Erblasser an einem metastierenden Bronchialkarzinom litt. Kurz nach der Diagnose traten Lähmungen auf, u.a. am rechten Arm.

Anfang August ist beim Nachlassgericht ein handgeschriebenes mit „Testament“ überschriebenes und unterschriebenes, auf den 15.07.2015 datiertes Schriftstück eingegangen. Am 17.08.2015 hat die Beteiligte zu 2) beim Nachlassgericht ein weiteres handgeschriebenes mit „Testament“ überschriebenes und unterschriebenes, auf den 15.06.2015 datiertes Schriftstück eingereicht.

Im September 2015 haben die Beteiligten zu 1) und 2) zur Niederschrift des Nachlassgerichts die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Miterben zu je ½-Anteil ausweist. Sie haben vorgetragen, dass das Testament vom 15.06.2015 wirksam sei. Es sei vom Erblasser, der Rechtshänder gewesen sei, infolge der krankheitsbedingten Lähmung der rechten Hand eigenhändig mit der linken Hand geschrieben worden. Durch dieses Testament seien sie als gemeinsame Erben eingesetzt worden. Das Testament vom 15.07.2015 könne nicht vom Erblasser herrühren, da er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage gewesen sei, ein Schriftstück in flüssiger Handschrift zu errichten.

Sodann hat die Beteiligte zu 4) zur Niederschrift des Nachlassgerichts die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie und die Beteiligte zu 3) als Miterben zu je ½-Anteil aufgrund gesetzlicher Erbfolge ausweist. Sie haben vorgetragen, dass beide Testamente nicht vom Erblasser herrühren würden, sondern gefälscht seien.

Das Nachlassgericht hat hierzu Beweis erhoben.

Durch Beschluss hat das Nachlassgericht die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1) und 2) erforderlich sind, für festgestellt erachtet und den Antrag der Beteiligten zu 4) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Testament vom 15.06.2015 vom Erblasser eigenhändig errichtet worden sei, und sich hierbei im Wesentlichen auf die Aussage des Zeugen T2 gestützt, der ausgesagt hat, bei der Errichtung dieses Testaments zugegen gewesen zu sein und dies durch seine Unterschrift bestätigt habe. Die gesetzliche Erbfolge greife daher nicht. Das Testament vom 15.06.2015 sei auch nicht durch ein späteres Testament widerrufen worden, da das Testament vom 15.07.2015 nicht vom Erblasser errichtet worden sei.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 3) und 4) Beschwerde eingelegt.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.

II. Problem

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 3) und 4) hat nach Ansicht des Senats in der Sache keinen Erfolg.

Das Nachlassgericht habe die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1) und 2) erforderlich sind, zu Recht für festgestellt erachtet und den Antrag der Beteiligten zu 3) zurückgewiesen. Der Senat schloss sich den Ausführungen des Nachlassgerichts, wonach die Erbfolge auf dem Testament vom 15.06.2015 beruht, vollumfänglich an. Die mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände gegen den angefochtenen Beschluss würden nicht durchgreifen.

Das Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Feststellungen des Nachlassgerichts bestätigt. Der Zeuge T2 habe während seiner Vernehmung seine Aussage wiederholt, wonach der Erblasser das in der Akte befindliche auf den 15.06.2015 datierte Testament persönlich mit der schreibungewohnten linken Hand geschrieben und er, der Zeuge, dies mit seinem handschriftlichen Zusatz und seiner Unterschrift auf diesem Testament bestätigt habe. Die Aussage des Zeugen sei glaubhaft, in sich schlüssig und widerspruchsfrei gewesen. Insbesondere hätten sich keine Widersprüche zu seiner früheren Aussage vor dem Nachlassgericht ergeben.

Die Einwände der Beteiligten zu 3) und 4) gegen die Richtigkeit der Aussage des Zeugen würden nicht durchgreifen. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Unterschriften des Zeugen T2 auf dem in der Akte befindlichen Testament und auf seinem Personalausweis in auffallender Weise übereinstimmen und auch keine Anhaltspunkte für eine Fälschung gegeben seien. Denn die Behauptung der Beschwerdeführerinnen, es müsse sich bei dem Testament vom 15.06.2015 um eine Fälschung handeln, sei offenbar „ins Blaue“ hinein erfolgt.

Auch das von den Beteiligten zu 3) und 4) zur Akte gereichte Privatgutachten führe zu keiner anderen Beurteilung. Seine Ausführungen, es sei kaum vorstellbar, dass dieses Testament mit einer schreibungewohnten Hand gefertigt worden sein soll, weil das Schriftbild dann wesentlich unregelmäßiger aussehen müsste, sei ebenso wenig nachvollziehbar, wie seine Erklärung, es deute nichts darauf hin, dass das Schriftbild mit einer nicht zittrigen Hand erzeugt worden ist. Denn selbstverständlich könnten viele Menschen mit ihrer schreibungewohnten Hand ein regelmäßiges Schriftbild erzeugen und mit einer nicht zitternden Hand ein dem Schriftbild des Testaments vom 15.06.2015 vergleichbares Schriftbild erzeugen.

III. Fazit

Gerade bei Erblassern im höheren Alter stellt sich oftmals das Problem, dass ein reguläres Abfassen des Testaments mit der gewohnten Schreibhand aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist.

Wie die Entscheidung veranschaulicht, kann in diesem Fall aber auch das Abfassen des Testaments mit der schreibungewohnten Hand in Betracht kommen. Der Senat führt hierzu aus, dass Menschen auch mit ihrer schreibungewohnten Hand ein regelmäßiges Schriftbild erzeugen können und dies allein noch kein Grund für die Annahme einer Fälschung ist.

In der Praxis ist jedoch die Wahl einer anderen Errichtungsform meist vorzuziehen. Zumindest aber sollten Zeugen hinzugezogen werden.


Rezension des Beschlusses des OLG Köln v. 03.08.2017 - 2 Wx 149/17, 2 Wx 169/17 „Testament / Errichtung / Schreibungewohnte Hand", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.1 Januar 2018, S.55 f


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