Örtliche Zuständigkeit; letzter gewöhnlicher Aufenthalt

Leitsatz:

Für die örtliche Zuständigkeit nach § 343 Abs. 2 FamFG ist es unerheblich, wie lange der letzte gewöhnliche Aufenthalt im Inland zurückliegt.

KG, Beschluss vom 18.07.2017 - 1 AR 36/17

IntErbRVG § 2 Abs. 4 S. 2
FamFG § 343 Abs. 2

I. Einführung

Das Kammergericht hatte über die örtliche Zuständigkeit für die weitere (einfache) Verwahrung eines Testaments des Erblassers und diesbezüglicher weiterer sonstiger Maßnahmen gem. § 343 FamFG zu entscheiden.

Infrage kamen vorliegen die Auffangzuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg gem. § 343 Abs. 3 FamFG sowie das Amtsgericht Bielefeld gem. § 343 Abs. 2 FamFG, wobei der Erblasser dort seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Problematisch war, dass der besagte letzte Aufenthalt inzwischen über 50 Jahre zurücklag.

II. Problem

Das KG erachtete das AG Bielefeld als gem. § 343 Abs. 2 FamFG zuständig. Eine Abweichung vom Wortlaut der Norm war der Entscheidung nach nicht vorzunehmen.

Das KG führte hierzu aus, dass die Zuständigkeit für die weitere (einfache) Verwahrung der Testamente und die sonstigen Maßnahmen (vgl. KGat, FGPrax 2014, 163) gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 2 FamFG i.V.m. § 343 FamFG (vgl. BT-Drucks. 18/4201 S. 59) zu bestimmen sei. Das Amtsgericht Bielefeld sei gemäß § 343 Abs. 2 FamFG örtlich zuständig, da der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (bis 1967) im Bezirk dieses Gerichts hatte. Es sei unerheblich, dass der Aufenthalt bereits 50 Jahre zurückliegt. Der klare Wortlaut des § 343 Abs. 2 FamFG enthalte - ebenso wie § 2 Abs. 4 S. 2 IntErbRVG und die vergleichbare Vorschrift des § 27 Abs. 2 ZPO - keine zeitliche Grenze. Auch der Sinn und Zweck der Regelung gebiete keinen Rückgriff auf die Auffangzuständigkeit des § 343 Abs. 3 S. 1 FamFG, wenn der letzte gewöhnliche Aufenthalt im Inland länger als 5 Jahre oder einen sonstigen längeren Zeitraum zurückliegt (so aber wohl Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Aufl., § 343 Rn. 75). Vielmehr erfordere eine effektive Zuständigkeitsordnung eindeutige Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Gerichts. Ohnehin verfüge das Gericht am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort regelmäßig auch nach Jahrzehnten über eine größere Sachnähe als das Amtsgericht Schöneberg, mit dem den Erblasser nichts verbindet. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts Bielefeld komme es für seine Zuständigkeit auch nicht darauf an, dass der Erblasser länger im Ausland gelebt hat, als in Bielefeld.

III. Fazit

Die Entscheidung verdeutlicht die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Alternativen des § 343 FamFG. Entgegen einer teilweise in der Literatur vertretenen Ansicht orientiert sich die Entscheidung am klaren Wortlaut der Norm.

Danach ist es unerheblich, wie lange der letzte gewöhnliche Aufenthalt im Inland zurücklag. Dem Vorschlag einer zeitlichen Grenze (vorgeschlagen werden 5 Jahre) erteilt die Entscheidung eine Absage.


Rezension des Beschlusses des KG v. 18.07.2017 - 1 AR 36/17 „Örtliche Zuständigkeit / Letzter gewöhnlicher Aufenthalt", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.10 Oktober 2017, S.578


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