Löschungsverfahren; Gesellschafterliste; Handelsregister

Leitsätze des Verfassers:

  1. Die Löschung nach § 395 FamFG dient dem Zweck, im öffentlichen Interesse erlassene Vorschriften über die Eintragung in das Handelsregister durchzusetzen.
  2. Die Gesellschafterliste nach § 16 GmbHG, die gemäß § 40 GmbHG zum Handelsregister eingereicht wird, stellt keine Eintragung i.S.v. § 395 Abs. 1 FamFG dar.

OLG Brandenburg (7. Zivilsenat), Beschluss vom 14.04.2021 – 7 W 89/20

HGB § 9 Abs. 1
GmbHG 8 Abs. 1 Nr. 3, § 16, § 40
FamFG § 7 Abs. 2, § 395

I. Einführung

Der Geschäftsführer der Beteiligten zu 2), vertreten durch den Notar N, übersandte dem Handelsregister im Oktober eine Gesellschafterliste, wonach er und die Beteiligte zu 1) gemäß Testament aus dem Jahr 2012 und Eintritt des Nacherbfalls anstelle von L in Erbengemeinschaft Gesellschafter der Beteiligten zu 2) mit einem Geschäftsanteil zum Nennwert von 24.000 € sind. Die Gesellschafterliste wurde in einer Datei elektronisch übermittelt, in der zugleich der Erbschein nach L gespeichert war. Der Erbschein lautet dahin, dass L „nach Eintritt des Nacherbfalls durch Beendigung des Insolvenzverfahrens der Nacherben am 18.12.2017 beerbt worden“ ist.

Das Amtsgericht stellte die vom Notar übersandte Datei mit der Gesellschafterliste einschließlich des Erbscheins in den Registerordner der Beteiligten zu 2) ein. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Aufnahme des Erbscheins in den Registerordner. Sie ist der Ansicht, dass der Erbschein nicht in das Handelsregister eingestellt werden musste und die Einstellung, die persönliche Daten von ihr enthalte, mithin ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletze. Der Erbschein dürfe nicht für jedermann öffentlich einsehbar sein.

Das Registergericht hat den Antrag dahin ausgelegt, dass er auf Löschung der Gesellschafterliste und Eintragung einer neuen Gesellschafterliste ohne Erbschein gerichtet sei. Es hat den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Entfernung technisch nicht möglich sei, da die Veröffentlichung der Gesellschafterliste zum Schutz der Gläubiger und Einsicht nehmender Dritter nicht nachträglich verändert werden könne. Der Erbschein dürfe auch als nach § 12 Abs. 2 HGB eingereichtes Dokument mit in den Registerordner nach § 9 Abs. 1 HGB eingestellt und zur Einsicht offengelegt werden. Das Registergericht sei verpflichtet, die Liste unverzüglich einzustellen. Die Beanstandung der Übersendung in einer Datei führe in Eintragungsverfahren zu Verzögerungen, die nicht hinnehmbar seien. Die Löschung der Liste nach Einstellung einer neuen Liste sei unzulässig, weil dadurch das Datum der Einstellung verändert würde. Es entstünde der unzutreffende Eindruck, die Gesellschafterliste sei zum Zeitpunkt der zweiten Eintragung erstmals veröffentlicht worden.

Der dagegen gerichteten Beschwerde der Antragstellerin hat das Registergericht nicht abgeholfen.

II. Problem

Das OLG Braunschweig erachtete die Beschwerde als unzulässig.

Die Antragstellerin sei Beteiligte, da durch die Aufnahme des Erbscheins in den Registerordner ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt sei, § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG.

Gemäß § 395 Abs. 1 FamFG könne Beschwerde gegen eine unzulässige Eintragung in das Handelsregister eingelegt werden, mit dem Ziel, die unrichtige Eintragung zu löschen. Voraussetzung sei, dass es sich um eine „Eintragung“ in das Register handelt. Die Gesellschafterliste nach § 16 GmbHG, die hier gemäß § 40 GmbHG eingereicht worden ist, stelle keine solche Eintragung dar (Holzer in: Prütting/Helms, FamFG § 395 Rn 6; Baumbach/Hopt, HGB, § 395 FamFG Rn 1; Keidel/Heinemann, FamFG, § 395 Rn. 4; KG FGPrax 2016, 161); ebenso wenig seien in den Registerordner aufgenommene Unterlagen Eintragungen i. S. d. § 395 FamFG (Haußleiter/Schemmann, FamFG § 395 Rn 14; MüKoFamFG-Krafka, § 395 Rn 2). Die Gesellschafterliste sei vielmehr eine neben der Eintragung auf dem Registerblatt vorhandene Unterlage, die lediglich in die Unterlagen zum Register aufgenommen und dort verwahrt werden muss (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG, § 40 GmbHG). Sie unterliege damit weder einem Löschungs- noch einem Berichtigungsverfahren. Die Löschung nach § 395 FamFG diene dem Zweck, im öffentlichen Interesse erlassene Vorschriften über die Eintragung in das Handelsregister durchzusetzen. Die Löschung solle bewirken, dass das Register von materiell unrichtigen oder unwirksamen Eintragungen bereinigt wird. Verstöße gegen andere Vorschriften könnten nicht zu einem Löschungsverfahren nach § 395 FamFG führen (Bumiller/Harders, FamFG § 395 Rn. 2).

Die Gesellschafterliste könne nur dann einer Überprüfung unterzogen werden, wenn sie inhaltlich unrichtig sei, wenn also ein Gesellschafter unrichtig angegeben sei; in diesem Fall könne Widerspruch gegen die Gesellschafterliste eingelegt werden, § 16 Abs. 3 GmbHG. Diese Voraussetzung mache die Beschwerdeführerin hier nicht geltend.

III. Fazit

Die Entscheidung stellt einen seltenen, aber für die Praxis interessanten Fall dar.

Zum einen verdeutlicht sie den Anwendungsbereich der Korrekturvorschrift des § 395 HGB. Die Gesellschafterliste nach § 16 GmbHG, die gemäß § 40 GmbHG zum Handelsregister eingereicht wird, stellt keine Eintragung i.S.v. § 395 Abs. 1 FamFG dar und fällt daher nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift.

Zum anderen verdeutlicht sie, dass bei Anmeldungen zum Handelsregister bei der Zusammenstellung der Unterlagen äußerste Sorgfalt geboten ist. Einzureichende Gesellschafterliste und Dokumentation hinsichtlich der Veränderung sollten hier nach Möglichkeit klar getrennt werden.


Rezension des Beschlusses des OLG Brandenburg  v. 14.04.2021 - 7 W 89/20; „Löschungsverfahren / Gesellschafterliste / Handelsregister", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr. 9  September 2021, S.506 f


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