Ersatzerbenberufung, § 2065 Abs. 2 BGB

Amtlicher Leitsatz:

Eine Klausel, mit der ein Erblasser zu seinem Ersatzerben (§ 2096 BGB) die Personen beruft, die - gewillkürte - Rechtsnachfolger des von ihm eingesetzten Erben sind, verstößt nicht gegen § 2065 Abs. 2 BGB, weil der Erblasser damit selbst die erforderliche Bestimmung seines (Ersatz-) Erben trifft.

OLG Hamm (15. Zivilsenat), Beschluss vom 21.02.2019 - I-15 W 24/19

BGB §§ 1922, 2065 Abs. 2, 2096
FamFG §§ 58, 70 Abs. 2, 81
GNotKG §§ 40, 61

I. Einführung

Die kinderlos verstorbene Erblasserin war mit dem bereits vorverstorbenen X verheiratet. Auch die Eltern der Erblasserin sind vorverstorben.

Neben der Erblasserin hatten die Eltern vier weitere Kinder, unter anderem die Beteiligte zu 3) und C, welche die Ehefrau des Beteiligten zu 1) ist.

Die Erblasserin hat eine letztwillige Verfügung mit dem nachfolgenden Inhalt hinterlassen:

„Zu meiner Erbin setze ich meine Schwester C, ein. Ersatzerben sind deren Rechtsnachfolger.“

C ist im Jahr 2016 vorverstorben.

In einem formwirksamen Ehegattentestament hatten sich die Eheleute C gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und den gemeinsamen Sohn, den Beteiligten zu 2), zum Schlusserben bestimmt.

Nach dem Tod der Erblasserin hat der Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Alleinerben ausweist.

Die Beteiligten zu 2) und 3) sind diesem Antrag entgegengetreten.

Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Die Nachlassrichterin hat dabei die Auffassung vertreten, dass das notarielle Testament der Erblasserin hinsichtlich der Bestimmung des Ersatzerben eine nach § 2065 Abs. 2 BGB unzulässige Überlassung der Auswahl enthalte.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1), der das Amtsgericht nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II. Problem

Das OLG Hamm erachtete die Beschwerde als zulässig und auch in der Sache als erfolgreich.

Die Erblasserin sei aufgrund des notariellen Testaments von dem Beteiligten zu 1) allein beerbt worden.

Die von der Erblasserin zunächst zur Erbin berufene C sei vorverstorben und könne somit nicht deren Erbin werden. Die Ersatzerbfolge für diesen Fall habe die Erblasserin in ihrer letztwilligen Verfügung selbst geregelt, indem sie „die Rechtsnachfolger“ ihrer Schwester zu Ersatzerben berufen hat.

Entgegen der Rechtsansicht des Nachlassgerichts verstoße die Klausel, mit der die Erblasserin „die Rechtsnachfolger“ ihrer Schwester C zu ihren Ersatzerben berufen hat, nicht gegen § 2065 Abs. 2 BGB. Der Erblasser treffe mit dem vorstehenden Passus nämlich selbst die erforderliche Bestimmung des Erben / Ersatzerben, auch wenn dessen konkrete Bestimmung davon abhängig ist, ob und in welcher Form der zunächst berufene Erbe selbst testiert (Staudinger/Otte, § 2065 Rn.47 m.w.N.; MüKo-BGB/Leipold, § 2065 Rn.23; Ivo DNotZ 2002, 260 ff.). Der vom Oberlandesgericht Frankfurt ohne nähere Begründung vertretenen und vereinzelt gebliebenen Gegenauffassung, eine solche Bestimmung verstoße gegen § 2065 Abs. 2 BGB (DNotZ 2001, 143), könne nicht gefolgt werden.

Der Erblasser entziehe sich durch eine solche Verfügung keineswegs der eigenen Verantwortung für die Abweichung von der gesetzlichen Erbfolge, denn der Zweck, dass der nach dem Tod des zunächst vorgesehenen Erben verbleibende Nachlass den Erbeserben anfällt, verstoße niemals gegen das Gebot der Höchstpersönlichkeit (vgl. Staudinger/Otte, a. a. O.).

Würde man die von der Erblasserin praktizierte Weise der Bestimmung des Ersatzerben für unzulässig halten, würde es auch zu Wertungswidersprüchen zur Rechtsprechung zur ergänzenden Testamentsauslegung bei fehlender ausdrücklicher Ersatzerbenbestimmung kommen. So entspreche es der allgemein anerkannten Rechtsprechung, dass für den Fall, dass der von dem Erblasser ausgewählte Erbe vorverstorben ist und es an einer ausdrücklichen Bestimmung eines Ersatzerben fehlt, im Wege der ergänzenden Auslegung ermittelt werden kann, dass an der Stelle des berufenen und vorverstorbenen Erben dessen Abkömmlinge (OLG Düsseldorf ZEV 2018, 140; OLG München FamRZ 2016, 2154) oder dessen Ehegatte (OLG Schleswig FamRZ 2014, 693; OLG Hamm FamRZ 1991, 1483) berufen sind. Es wäre wenig konsequent, wenn man sich dieser Lösung gerade für den Fall verschließen würde, in dem der Erblasser sogar ausdrücklich eine Ersatzerbenberufung vorgenommen hat und nur dessen konkrete Bestimmung von einer weiteren Rechtshandlung (Testamentserrichtung mit der Bestimmung des eigenen Erben) des zunächst berufenen Erben oder deren Ausbleiben (Eintritt der gesetzlichen Erbfolge nach dem zunächst berufenen Erben) abhängig gemacht hat.

Rechtsnachfolger der von der Erblasserin zu ihrer Erbin berufenen C sei der Beteiligte zu 1).

Die Erblasserin habe ihre letztwillige Verfügung mit notarieller Hilfe errichtet, so dass mangels entgegen stehender Anhaltspunkte davon ausgegangen werden könne, dass der Begriff „Rechtsnachfolger“ im juristischen Sinne gemeint gewesen sei und daher die Person bezeichne, der mit dem Tode der C deren Vermögen anfällt (§ 1922 BGB). Die Erblasserin habe hier bewusst nicht den Begriff „Abkömmling“ gewählt und ihrer Schwester damit die testamentarische Bestimmung ihres Ehemannes zu ihrem Rechtsnachfolger ermöglicht.

Der Beteiligte zu 1) habe C, seine Ehefrau, auf der Grundlage der letztwilligen Verfügungen allein beerbt und sei damit ihr Rechtsnachfolger und letztlich der von der Erblasserin eingesetzte Ersatzerbe.

Eine Vorlage aufgrund der oben angeführten Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt sei nicht geboten, da dessen Ausführungen zu § 2065 Abs. 2 BGB die getroffene Entscheidung nicht getragen hätten.

III. Fazit

Die Frage der Erbenbestimmung durch Dritte wird in der Literatur und Rechtsprechung zumeist in der Konstellation der Nacherbenbestimmung durch den Vorerben diskutiert. In der vorliegenden Entscheidung war nun zu beurteilen, ob auch eine Kopplung der Ersatzerbeneinsetzung an die Nachfolgeregelung des weggefallenen Erben möglich ist.

In der vorliegenden Entscheidung hält das OLG Hamm entgegen einzelner Ansichten in der Literatur und der Entscheidung des OLG Frankfurt auch eine solche Kopplung für zulässig. In der Fortführung der Rechtsprechung zu der Vorerben-Nacherben-Konstellation mag dies konsequent sein, eine Klärung des Bundesgerichtshofs erscheint hier dennoch wünschenswert.

 


Rezension des Beschlusses des OLG Hamm v. 21.02.2019 - 15 W 24/19 „Ersatzerbenberufung / § 2065 Abs. 2 BGB", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.6 Juni 2019, S.362 f


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