Erbgegenstand; Aufwendungen zur Schadensbeseitigung; Nachlassverbindlichkeit

Leitsatz:

Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an geerbten Gegenständen wie Grundstücken oder Gebäuden, deren Ursache vom Erblasser gesetzt wurde, die aber erst nach dessen Tod in Erscheinung treten, sind nicht als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar.

BFH, Urteil vom 26.07.2017 - II R 33/15

ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 1

I. Einführung

Der Kläger und Revisionskläger ist Miterbe nach seinem im April 2006 verstorbenen Onkel (O). Zum Nachlass gehörte ein Zweifamilienhaus, in dem der Erblasser eine Wohnung selbst bewohnt und die andere vermietet hatte.

Im Oktober 2006 stellte sich heraus, dass O noch vor seinem Tod Heizöl für die Ölheizung seines Hauses bezogen hatte, das eine veränderte Qualität aufwies. Aufgrund dieser veränderten Heizölqualität war ein Großteil des Heizöls ohne Störmeldung aus einem Tank der Heizanlage ausgetreten und hatte sich im Ölauffangraum gesammelt. Eine von der Mieterin beauftragte Firma beseitigte das ausgetretene Öl, so dass die Heizung weiter genutzt werden konnte. Zu einem späteren Zeitpunkt ersetzte eine Firma die alten Tanks der Anlage und reinigte den Öllagerraum.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte, das Finanzamt setzte gegen den Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von 444.231 € fest, ohne die vom Kläger geltend gemachten, anteiligen Reparaturaufwendungen für die Heizungsanlage in Höhe von 3.782,54 € zum Abzug zuzulassen. Der Einspruch des Klägers hiergegen blieb erfolglos.

Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung ab, allein der Umstand, dass der Erblasser durch den Einkauf von nicht geeignetem Heizöl die Ursache für den Schadenseintritt und die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Aufwendungen gesetzt habe, reiche für den Abzug der Aufwendungen als Nachlassverbindlichkeiten nicht aus. Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln eines Gebäudes könnten nur dann als Erblasserschulden berücksichtigt werden, wenn der Erblasser – anders als im Streitfall – bereits zu Lebzeiten aufgrund einer öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Verpflichtung zur Schadensbeseitigung verpflichtet gewesen sei.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG (in der im Jahr 2006 geltenden Fassung).

Der Kläger beantragte, die Vorentscheidung aufzuheben und den Erbschaftsteuerbescheid dahingehend abzuändern, dass Aufwendungen in Höhe von 3.782,54 € als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden. Das FA beantragte, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Problem

Die Revision war nach Ansicht des BFH unbegründet und wurde daher zurückgewiesen.

Das FG habe zu Recht entschieden, dass die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Beseitigung der Schäden an der Heizungsanlage und dem Gebäude nicht als Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abziehbar sind.

Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG seien von dem Erwerb des Erben die vom Erblasser herrührenden Schulden, soweit sie nicht mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbebetrieb oder Anteil an einem Gewerbebetrieb in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und bereits nach § 12 Abs. 5 und 6 ErbStG berücksichtigt worden sind, als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig.

Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an geerbten Gegenständen wie Grundstücken oder Gebäuden, deren Ursache vom Erblasser gesetzt wurde, die aber erst nach dessen Tod in Erscheinung treten, seien nicht als Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abziehbar (vgl. auch Weinmann in Moench/Weinmann, § 10 ErbStG Rz 52).

Der Bundesfinanzhof hatte bereits entschieden, dass Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln und Schäden an geerbten Grundstücken oder Gebäuden – etwa unter dem Gesichtspunkt eines aufgestauten Reparaturbedarfs – grundsätzlich keine Erblasserschulden i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG darstellen.

Etwas anderes gelte nur dann, wenn schon zu Lebzeiten des Erblassers eine öffentlich-rechtliche oder eine privatrechtliche Verpflichtung (etwa gegenüber einem Mieter aus § 535 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zur Mängel- oder Schadensbeseitigung bestand (vgl. BFH/NV 1991, 97, und BFH/NV 2009, 966, unter II.1.c). Dabei setze das Bestehen einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung für Zwecke der Erbschaftsteuer den Erlass einer rechtsverbindlichen, behördlichen Anordnung gegen den Erblasser voraus. Im Übrigen könnten – etwa aufgrund eines aufgestauten Reparaturaufwands bedingte – Wertminderungen eines Gebäudes allenfalls bei der Grundstücksbewertung und nicht im Verfahren über die Erbschaftsteuerfestsetzung berücksichtigt werden.

Der BFH hielt an dieser Rechtsprechung, die die Behebung von Schäden an Nachlassgegenständen (wie z.B. die Reparatur eines zum Nachlass gehörenden Hauses) betrifft, fest.

Diese Grundsätze würden nicht nur für Mängel und Schäden gelten, die bereits im Zeitpunkt des Erbfalls erkennbar waren, sondern erst recht für Mängel und Schäden, deren Ursache zwar vom Erblasser gesetzt wurde, die aber erst nach dessen Tod in Erscheinung treten (vgl. Brüggemann/Stirnberg, Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer, 5.1 Steuerpflichtiger Erwerb - § 10 ErbStG, S. 553).

Diese Auslegung des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG in Bezug auf Schäden, die erst nach dem Tod des Erblassers in Erscheinung treten, verstoße auch nicht gegen das Bereicherungsprinzip.

Als steuerpflichtiger Erwerb gelte die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Bei Erwerben von Todes wegen gelte dabei als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls die nach § 10 Abs. 3 bis 9 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten mit ihrem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert abgezogen werden (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG). Ausschlaggebender Stichtag für die Ermittlung der Bereicherung sei der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 11 ErbStG). Dies sei beim Erwerb durch Erbanfall grundsätzlich der Zeitpunkt des Todes des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Nach den Verhältnissen dieses Zeitpunktes würden sich die Feststellungen des Umfangs und des Wertes des Erwerbs richten. Spätere Ereignisse, die den Wert des Vermögensanfalls erhöhen oder vermindern, könnten sich erbschaftsteuerrechtlich grundsätzlich nicht auswirken (sog. Stichtagsprinzip, vgl. z.B. BFH/NV 2006, 1480). Die Bereicherung sei damit stichtagsbezogen zu ermitteln. Das Stichtagsprinzip schränke das Bereicherungsprinzip insoweit ein (vgl. BFH/NV 2009, 966, unter II.1.c).

Habe der Erblasser lediglich eine Schadensursache für Schäden an geerbten Gegenständen wie Gebäuden oder Grundstücken gesetzt, könne das Ausmaß des Schadens im Todeszeitpunkt ungewiss sein. Anders als z.B. die (Einkommen-)Steuerschulden des Todesjahres entstehen Reparaturaufwendungen zur Beseitigung solcher Schäden nicht zwangsläufig oder kraft Gesetzes in bestimmter Höhe zu einem bestimmten Zeitpunkt nach dem Ableben des Erblassers.

Damit sei es nicht vereinbar, wenn man den Abzug von Aufwendungen für die Beseitigung von Mängeln und Schäden an geerbten Gegenständen, deren Ursache zwar vom Erblasser gesetzt wurde, die aber erst nach dessen Tod in Erscheinung treten, als Nachlassverbindlichkeiten zuließe, während ein solcher Abzug grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn die Mängel und Schäden bereits beim Eintritt des Erbfalls vorlagen und erkennbar waren und somit schon zu diesem Zeitpunkt das Entstehen eines Aufwands für deren Beseitigung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach absehbar war. Der Abzug sei vielmehr in beiden Fällen ausgeschlossen.

Auf das Erfordernis einer wirtschaftlichen Belastung des Erblassers im Todeszeitpunkt (vgl. BFHE 252, 448, BStBl II 2016, 477, Rz 13) komme es daher bei Schäden, die erst nach dem Tod des Erblassers in Erscheinung treten, nicht an.

III. Fazit

Der Bundesfinanzhof hatte sich in der vorliegenden Entscheidung erneut mit der Problematik des Begriffs der Nachlassverbindlichkeiten zu beschäftigen.

Er stellte hierzu fest, dass Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an geerbten Gegenständen, wobei die Ursache vom Erblasser selbst gesetzt wurde, der Schaden sich aber erst nach dem Tod des Erblassers zeigt, nicht als Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abziehbar sind. Eine Ausnahme kommt nur in den Fällen in Betracht, in denen der Erblasser schon zu Lebzeiten eine öffentlich-rechtliche oder eine privatrechtliche Verpflichtung zur Mängel- oder Schadensbeseitigung hatte.

Die Entscheidung verdeutlicht damit erneut die überragende Bedeutung einer detaillierten und umfassenden (Grundstücks-)Bewertung nach dem Erbfall. Gerade Wertminderungen von Gebäuden können in diesem Rahmen berücksichtigt werden.


Rezension des Urteils des BFH v. 26.07.2017 - II R 33/15 - FG Münster „Erbgegenstand / Aufwendungen zur Scadensbeseitigung / Nachlassverbindlichkeit", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.2 Februar 2018, S.109 f


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