Ausschluss von Nachlassgläubigern / Anmeldung / Frist

Leitsatz:

Zum Ausschluss eines Nachlassgläubigers, dessen Forderung nicht bis zum Erlass des Ausschließungsbeschlusses angemeldet war (Anschluss an OLG Düsseldorf vom 24.1.2012, 3 Wx 301/11 = NJW-RR 2012, 841; OLG Hamm vom 27.12.2013, 15 W 299/12 = FGPrax 2014, 136). (amtlicher Leitsatz)

OLG München, Beschluss vom 26.08.2015 - 34 Wx 247/15

BGB §§ 1970, 1973
FamFG §§ 38 III 3, 438

I. Einführung

Auf Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) als Erben des Erblassers erließ das Amtsgericht das Aufgebot und forderte die Nachlassgläubiger auf, ihre Forderungen gegen den Nachlass bis zum 17.3.2015 anzumelden. Der Beschluss wurde den Antragstellern und den beiden bezeichneten Nachlassgläubigern, zu denen die Beteiligte zu 3), eine Landesbausparkasse, gehörte, am 20.11.2014 zugestellt. Während der Aufgebotsfrist meldete eine der Gläubigerinnen ihre Forderungen gegen den Nachlass an, die Beteiligte zu 3) hingegen nicht.

Am 7.5.2015 erging Ausschließungsbeschluss (§ 1973 BGB) mit einem Vorbehalt zugunsten der anmeldenden Gläubigerin. Der angebrachte Übergabevermerk (§ 38 Abs. 3 S. 3 FamFG) trägt das Datum vom selben Tag. Die Benachrichtigung über die öffentliche Zustellung wurde an der Gerichtstafel am 8.5.2015 ausgehängt und am 8.6.2015 wieder abgenommen.

Auf den der Beteiligten zu 3) am 9.5.2015 zugestellten Beschluss gelangte am 5.6.2015 eine Mitteilung der Beteiligten zu 3) in den gerichtlichen Einlauf, dass das Schriftstück ohne Angabe der Bausparvertragsnummer nicht zugeordnet werden könne. Nach deren Übermittlung am 15.6.2015 hat die Beteiligte zu 3) mit Schreiben vom 18.6.2015 Beschwerde eingelegt und darum gebeten, sie als Nachlassgläubigerin aufzunehmen. Sie habe ihre Forderung mit Brief vom 8.1.2015 angemeldet. Verwiesen wird dazu auf eine dem Schreiben beigefügte unbeglaubigte Kopie mit Forderungsaufstellung und Kontoauszügen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Ein Schreiben des Amtsgerichts vom 29.6.2015 mit der Aufforderung, einen Nachweis über die rechtzeitige Anmeldung („Einschreiben etc.“) vorzulegen, hat die Beteiligte zu 3) im Beschwerdeverfahren dahingehend beantwortet, dass ein Nachweis über die Übersendung der Anmeldung nicht erbracht werden könne.

II. Problem

Die Beschwerde blieb ohne Erfolg. Zunächst stellte das Gericht die Grundsätze des Aufgebotsverfahrens dar.

Gegen den im Aufgebotsverfahren von Nachlassgläubigern (§ 1970 BGB, §§ 454 ff. FamFG) ergangenen Ausschließungsbeschluss war die befristete Beschwerde nach § 58 FamFG unabhängig vom Erreichen des Beschwerdewerts nach § 61 Abs. 1 FamFG statthaft (§ 439 Abs. 3 FamFG). Beschwerdeberechtigt (vgl. § 59 Abs. 1 FamFG) ist hierbei ein Gläubiger, dessen Forderungen wegen nicht wirksamer Anmeldung ausgeschlossen, d. h. im gegebenen Fall nicht vorbehalten wurden (vgl. § 440 FamFG; OLG Düsseldorf NJW-RR 2012, 841; Keidel/Zimmermann FamFG § 439 Rn. 7). Die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 63 Abs. 1 FamFG) war gewahrt, da § 441 FamFG zwingend (vgl. Bumiller/Harders/Schwamb FamFG § 441 Rn. 2) die öffentliche Zustellung des Ausschließungsbeschlusses vorschreibt. Das Verfahren richtet sich gerade gegen nicht bekannte Rechtsinhaber (Zöller/Geimer § 441 FamFG Rn. 1). Die öffentliche Zustellung stellt sicher, dass mit Eintritt der Zustellungsfiktion des § 188 ZPO die Rechtsmittelfrist von einem Monat (§ 63 Abs. 1 FamFG) nach einem Monat einheitlich zu laufen beginnt (Geimer a. a. O.).

Die Beschwerde hatte jedoch keinen Erfolg, da die Anmeldung nach Ansicht des Senats verfristet war.

Das Gericht führte hierzu aus, dass das zuständige Amtsgericht unter Beachtung von §§ 434 ff, 458 FamFG am 17.11.2014 die Aufgebotsfrist bis zum 17.3.2015 bestimmt habe. Der Beteiligten zu 3), als einer den Erben bekannte Nachlassgläubigerin, sei das Aufgebot zugestellt worden. Bis zum Anmeldezeitpunkt sei dem Amtsgericht eine Forderungsanmeldung der Beteiligten zu 3) nicht vorgelegen.

Nach § 438 FamFG seien zwar Anmeldungen, die nach dem Anmeldezeitpunkt eingehen, als rechtzeitig anzusehen, sofern bei Eingang der Anmeldung der Ausschließungsbeschluss noch nicht erlassen ist. Erlassen sei der Beschluss (von Bekanntgabe durch Verlesen abgesehen) nach der Legaldefinition gemäß § 38 Abs. 3 S. 3 FamFG aber mit dessen Übergabe an die Geschäftsstelle (OLG Hamm FGPrax 2014, 136; OLG Düsseldorf NJW-RR 2012, 841/842; Keidel/Zimmermann § 438 Rn. 4; Bumiller/Harders/Schwamb § 438 Rn. 1; Heinemann NotBZ 2009, 300/303). Der eindeutige Wortlaut verbiete es, auf einen anderen Zeitpunkt, etwa den der Rechtskraft (§ 45 FamFG, so MüKo/Eickmann § 438 Rn. 7) oder der Wirksamkeit des Beschlusses mit seiner Bekanntgabe (§ 40 FamFG) abzustellen. Laut dem auf dem Ausschließungsbeschluss angebrachten Vermerk sei dieser bereits am 7.5.2015 übergeben und somit „erlassen“ worden.

Die Beteiligte zu 3) habe in der Beschwerde vorgebracht, mit - einfachem - Brief vom 8.1.2015 die Anmeldung veranlasst zu haben, und hierzu Kopien beigelegt. Nach § 439 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. §§ 17, 18 FamFG könne auch bei Versäumung der Frist des § 438 FamFG Wiedereinsetzung bewilligt werden (OLG Hamm FGPrax 2014, 136; Bumiller/Harders/Schwamb § 438 Rn. 1; Keidel/Zimmermann § 439 Rn. 9a. E.; noch zweifelnd OLG Düsseldorf NJW-RR 2012, 841/842). Vorliegend komme dies jedoch nicht in Betracht.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werde auf Antrag gewährt, wenn jemand ohne sein Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten (§ 17 Abs. 1 FamFG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags seien glaubhaft zu machen (§ 18 Abs. 3 Satz 2 FamFG), d. h. für sie müsse eine überwiegende Wahrscheinlichkeit sprechen (BGH NJW 2003, 3558). Selbst wenn zugunsten der Beteiligten zu 3) unterstellt werde, ihre zuständige Sachbearbeiterin habe am Tag des ausgewiesenen Datums (8.1.2015) eine entsprechende Forderungsanmeldung schriftlich abgesetzt, bleibt auch nach deren Erklärung offen, ob das bezeichnete Schriftstück überhaupt den Organisationsbereich der Beteiligten zu 3) verlassen habe, also zur postalischen Übermittlung an das Amtsgericht hinausgegeben wurde.

III. Fazit

Die Entscheidung behandelt einige zentrale Punkte des Ausschließungsverfahrens. Insbesondere wird verdeutlicht, dass der Erlass (anders bei Verlesen) nach der Legaldefinition gemäß § 38 Abs. 3 S. 3 FamFG mit der Übergabe an die Geschäftsstelle vorliegt. Dem Abstellen auf andere Zeitpunkte wird eine Absage erteilt.

Daneben kann bei Versäumung der Frist auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen. Der Vortrag der Bausparkasse war vorliegend hierfür jedoch völlig unzureichend.


Rezension des Beschlusses des OLG München v. 26.08.2015 - 34 Wx 247/15  „Ausschluss von Nachlassgläubigern / Anmeldung / Frist"in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.4 April 2016, S.251 ff

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