§ 59 FamFG, Beschwer, Nachlassverwaltung

Leitsatz:

Es fehlt an der erforderlichen Beschwer im Sinne des § 59 FamFG, wenn der Antragsteller nach Zurückweisung seines Antrags auf Anordnung der Nachlassverwaltung im Wege der Beschwerde den bisherigen Antrag nur eingeschränkt und lediglich mit dem Ziel weiterverfolgt, die Nachlassverwaltung mangels Masse abzulehnen. (amtlicher Leitsatz)

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 12.01.2016 - 20 W 279/15

BGB §§ 1982, 1988, 1990
FamFG §§ 59, 359

I. Einführung

Die Beteiligten zu 1) bis 5) sind die Kinder, der Beteiligte zu 6) ist der Ehemann der Erblasserin. Der Beteiligte zu 1) hat die Ausschlagung der Erbschaft für sich und sein minderjähriges Kind erklärt.

Die Antragsteller haben die Anordnung der Nachlassverwaltung über den Nachlass der Erblasserin beantragt und zur Begründung ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass die Antragsteller Miterben geworden seien, da ein Testament bis heute nicht gefunden worden sei. Über den Nachlassbestand sei den Antragstellern lediglich bekannt, dass die Stadt- und Kreissparkasse gegen die Antragsteller eine Nachlassverbindlichkeit der Erblasserin in Höhe von 147.270,21 EUR geltend gemacht habe.

Durch den angefochtenen Beschluss hat der Rechtspfleger beim Nachlassgericht den Antrag auf Anordnung einer Nachlassverwaltung zurückgewiesen. Zur Begründung der Antragszurückweisung hat er ausgeführt, dass zum einen das Antragsrecht der Antragsteller nicht festgestellt werden könne und zum anderen nach seiner Überzeugung der Nachlass überschuldet sei und eine kostendeckende Masse nicht vorhanden sei.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren Antrag nur mit dem Ziel weiterverfolgt haben, dass die Nachlassverwaltung mangels Masse abzulehnen sei. Der Rechtspfleger hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Problem

Die Beschwerde der Antragsteller war gemäß §§ 58 Abs. 1, 359 FamFG an sich statthaft, aber unzulässig.

Der Senat entschied, dass es den Antragstellern an der erforderlichen Beschwer im Sinne der §§ 59 Abs. 1, Abs. 2 FamFG fehlt.

Nach § 59 Abs. 1 FamFG stehe die Beschwerde grundsätzlich demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. § 59 Abs. 2 FamFG normiere demgegenüber keine selbstständige Beschwerdeberechtigung, sondern beschränke Abs. 1 lediglich, das heißt die Zurückweisung des Antrags genüge alleine nicht (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, § 59 Rz. 39). Die mithin nach § 59 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwer erfordere einen unmittelbaren nachteiligen Eingriff, wofür auf den Rechtsfolgenausspruch der angefochtenen Entscheidung, also die Beschlussformel, abzustellen sei. Bei einer etwaigen Beeinträchtigung durch Beschlussgründe komme eine Beschwerdeberechtigung nur ganz ausnahmsweise in Betracht (vgl. Keidel/Meyer-Holz, § 59 Rz. 9, 10).

In den Fällen der vorliegenden Art fehle es an der erforderlichen Beschwer, wenn die Antragsteller mit der Zurückweisung ihres Antrags auf Anordnung der Nachlassverwaltung einverstanden seien. Dies sei hier deshalb der Fall, weil die Antragsteller mit ihrer Beschwerde den bisherigen Antrag nur eingeschränkt und lediglich mit dem Ziel weiterverfolgen, die Nachlassverwaltung mangels Masse abzulehnen. Gegen die Antragszurückweisung durch den angefochtenen Beschluss würden sie sich mithin nicht wenden.

Eine die Beschwerdeberechtigung ausnahmsweise rechtfertigende hinreichende Beeinträchtigung durch die Beschlussgründe liege nicht vor. Zwar gelte eine gerichtliche Entscheidung, die die Anordnung der Nachlassverwaltung mangels Masse gemäß § 1982 BGB ablehnt, als Nachweis für die Dürftigkeit des Nachlasses im Sinne von § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dabei handele es sich jedoch lediglich um eine Erleichterung der Beweisführung der vom Erben darzulegenden Voraussetzungen seiner Haftungsbeschränkung nach § 1990 BGB, nicht aber um gesetzliche Folgen der Entscheidung. Darüber hinaus könne der Erbe die Unzulänglichkeit des Nachlasses auch auf andere Art und Weise nachweisen. Soweit die Antragsteller zur Begründung einer hinreichenden Rechtsbeeinträchtigung darauf abstellen, dass die zur Verfügung stehenden anderen Verfahren „gegebenenfalls kostenintensiver sein dürften“ als das vorliegende Verfahren, handele es sich um rein wirtschaftliche Interessen bzw. Folgen. Dass der Beschwerdeführer aber allein ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Änderung oder Beseitigung der Entscheidung hat, genüge im Rahmen des § 59 Abs. 1 FamFG grundsätzlich nicht (vgl. dazu die vielfältigen Nachweise bei Zöller/Feskorn, ZPO, § 59 FamFG Rz. 3; Keidel/Meyer-Holz, a. a. O., § 59 Rz. 6).

III. Fazit

Die Entscheidung beschäftigt sich mit dem Begriff der Beschwer i.S.v. § 59 FamFG.

Die Antragsteller wandten sich hier nicht gegen die Ablehnung der Nachlassverwaltung an sich, sondern wollten erreichen, dass diese mangels Masse abgelehnt wird. Eine entsprechende Entscheidung würde eine zukünftige Beweiserleichterung ergeben (Dürftigkeit des Nachlasses i.S.v. § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB) und für die Vermeidung weiterer Kosten hilfreich sein.

Das OLG Frankfurt verneinte hier eine entsprechende Beschwer, da die Beweiserleichterung keine gesetzliche Folge der Entscheidung sei und die wirtschaftlichen Erwägungen hierfür nicht ausreichend sind.


Rezension des Beschlusses des OLG Frankfurt v. 12.01.2016 - 20 W 279/15 „Beschwer nach § 59 FamFG / Nachlassverwaltung", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.8 August 2016, S.491 f


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